„Bilder von dir überdauern – bis in alle Zeit Bis in alle Zeit, bis in alle Zeit
Bilder von dir überdauern – bis in die Ewigkeit In die Ewigkeit, in die Ewigkeit. Bilder von
dir überdauern – bis in alle Zeit“
(Laith Al Deen) 1
Die Vorstellung Bildnisse bis in alle Ewigkeit zu erhalten ist menschlich und nachvollziehbar. Man denke nur – im privaten Bereich – an die Aufnahmen von geliebten Menschen oder an leider verstorbene Familienangehörigen. An die Kinderfotos, als diese noch süß und liebenswert und die Entwicklung der Kleinen auf jedem Foto ersichtlich war.
Auch im dienstlichen Kontext ist man schnell geneigt, Aufnahmen anfertigen zu wollen. Etwa Bilder vom Sommerfest, die online gestellt werden, um zu zeigen, wie herzlich es zugeht. Fotos von erfolgreichen Projekten, aus dem Gruppenleben, aus der Klasse, etc. sollen anderen zeigen was geschafft wurde und worauf man stolz ist. Vielleicht sollen online die Ansprechpartner mit einem Foto persönlicher dargestellt werden. Und, Hand aufs Herz, wer möchte nicht von der letzten Betriebsfeier Fotos sehen, bzw. sein Eigen nennen; mit dieser tollen
Atmosphäre, einer tanzenden und feiernden Kollegschaft mit traumhaftem Wetter, Essen und guter Unterhaltung?
Darüber hinaus kennt jeder Momente, in denen nicht nur das Hier und Jetzt einfangen, sondern auch weitergeben werden soll, z. B. in Form eines Albums an Praktikanten, Schüler und Auszubildende oder Mitarbeiter die ausscheiden. Doch egal zu welchem Anlass ein Foto erstellt, verbreitet oder zur Schau gestellt werden soll und wie ehrenwert die Beweggründe auch sein mögen. Es gilt jeweils das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abzubildenden, welches zu wahren und zu respektieren ist. Im dienstlichen Kontext sind darüber hinaus die Vorgaben des Datenschutzrechts und der pädagogischen Verantwortung zu wahren.
Dieser Beitrag soll den Leser sensibilisieren, einen zeitgemäßen Umgang mit Bildnissen im dienstlichen und privaten Kontext zu entwickeln und bei der Verarbeitung von Bildnissen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.
Fallbesprechung: „Veröffentlichung von Beiträgen mit Bildnissen auf der Homepage zum Werben für Eine Organisation“
Wir leben in einer Welt der Öffentlichkeit und der Bilder und von überall schallt es zu uns rüber: “zeig dich…, poste was…, like mich…, sei öffentlich…, sei jemand…”. Gerade bei der Veröffentlichung von Bildnissen ist demnach einiges zu beachten. Doch vorab:
- Es geht nicht um die „interne“ Bereitstellung von Erinnerungen an die betroffenen Personen oder für deren Angehörige von gemeinsam erlebten Aktionen.
- Es geht um die weltweite Zurschaustellung (Homepage, Social Media, Internet) von Informationen in Schrift und Bild, welche, mit einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit, durch fremde Menschen und Programme analysiert, zweckentfremdet und weiterverarbeitet werden.
- Der nachfolgende Abschnitt dreht sich nicht um die Veröffentlichung auf Social Media Plattformen. Hierbei wäre u. a. zu beachten, dass sich die Anbieter i.d.R. umfassende Nutzungsrechte an den Veröffentlichungen sichern und rein durch den Besuch, auf technischer Ebene eine Verarbeitung pb-Daten stattfindet, auf welche die Einrichtung keinen Einfluss hat.
Nachfolgend eine Auseinandersetzung und Einordnung u. a. im pädagogischen Kontext, der den Zeitgeist permanent öffentlich präsent zu sein und alles veröffentlichen oder posten zu müssen, kritisch hinterfragt.
Was geschieht beim Veröffentlichen im Internet?
Den meisten werden solche Formulierungen auf Einwilligungen zu Bildnissen schon begegnet sein:
“Bei einer Veröffentlichung im Internet können personenbezogenen Daten weltweit abgerufen und gespeichert werden. Die Daten können damit auch über Suchmaschinen aufgefunden werden. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Personen oder Unternehmen die Daten mit weiteren im Internet verfügbaren Daten verknüpfen und damit ein Persönlichkeitsprofil erstellen, die Daten verändern oder zu anderen Zwecken verwenden.
Über Online-Archive können personenbezogene Daten auch nach einer Löschung noch aufgefunden werden. Im Falle einer Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet sollten daher beide Sorgeberechtigten einverstanden sein.” 2
Doch was verbirgt sich hinter diesen „neutral“ formulierten Aussagen?
Um es mit deutlichen und klaren Worten auszudrücken, ohne dass sich
anschließend jemand darauf berufen kann, dies nicht gewusst zu haben:
„Durch die Veröffentlichung von Beiträgen mit pb-Daten, welche der Werbung / Öffentlichkeitsarbeit dienen, werden Informationen aus der Privat- und Sozialsphäre betroffener Personen aus dem besonders schützenswerten Umfeld von Bildungseinrichtungen für immer – unabhängig eines Löschversuches – in das weltweite Netz zur unkontrollierten Nutzung, Zusammenführung, Verarbeitung und Verbreitung durch fremde Menschen und Programme, deren Zwecke unbekannt sind, gestellt.
Deshalb sollten diese Sätze wiederholt durchgelesen werden, um die Tragweite des Vorhabens zu verstehen, sich der Verantwortung für sich und seinem Gegenüber bewusst zu werden, unabhängig der persönlichen Meinung, da die Tätigkeit innerhalb eines beruflichen, professionellen Umfelds, mit ds-rechtlicher Verantwortung der Einrichtung stattfindet, in dem wir es mit Schutzbefohlenen zu tun haben, denen ggf. Alternativen mit gleicher Qualität und Leidenschaft
fehlen um anderswo ihre Ziele zu erreichen.“
Wenn es heutzutage um die Veröffentlichung geht, sind neben den rechtlichen Fragen zur Zulässigkeit weitere wichtige Punkte zu klären, wenn es um die Abwägung einer Veröffentlichung geht.
Weltweite Player im Internet
Werden Bildnisse veröffentlicht, herrscht oftmals immer noch die Meinung vor, dass es bis auf ein paar Menschen keinen Interessiert, was veröffentlicht wird und dass nichts Schlimmes passiert. Drei Beispiele, wer im Netz unterwegs ist:
- Gesichtserkennungssysteme von Firmen wie Clearview AI, PimEyes, FindFace, Facebook und wie sie alle heißen. Diese Dienste scannen das Netz permanent nach Bildern ab, speichern sie, werten sie biometrisch aus und versuchen Bildern Personen zuzuordnen. So will bspw. Clearview AI3 bis Ende 2022 seine Datenbank mit 100 Milliarden Fotos füllen, biometrisch auswerten, was das Ende der Anonymität für viele zur Folge haben wird. Gerade im Bereich des Stalkings werden Einzelbildnisse von möglichen Opfern mit solchen Datenbanken abgeglichen, um mehr über die Personen zu erfahren.
- Dokumentationen wie bspw. “Kinderfotos im Netz: gepostet, geklaut, missbraucht”4. Hier decken Recherchen von Panorama und STRG_F mit Daniel Moßbrucker auf, wie Pädokriminelle “normale” Fotos von Webseiten, YouTube Videos, WhatsApp-Statusbilder, Facebook, etc. einsammeln und verwenden. Auch, um über weitere Daten Namen, Standorte, etc. herauszubekommen.
- Oder denken Sie an die Millionen, Milliarden von Fotos, mit denen KI-Bildgeneratoren5 gefüttert werden, um neue Bildnisse zu erstellen. Theoretisch kann Ihre Augenbraue Teil eines KI-generierten Fotos sein.
- Nicht zu vergessen, da fast schon daran gewöhnt, „Hacker“ Angriffe wie bspw. wie im April 2021 als bei Facebook Daten von 533 Millionen Nutzern abhandengekommen sind. Bspw. Nutzername, Geburtsdatum, E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Beziehungsstatus6. Wobei hier u. a. ein Verfahren eingesetzt wurde, was Scraping genannt wird. Scraping ist das automatisierte, massenhafte Abrufen von öffentlich einsehbaren Daten.
Datenschutzrechtliche Schutz-Aspekte
Zur datenschutzrechtlichen Einordnung bei Veröffentlichungen ein Verweis auf den Erwägungsgrund 38 der DSGVO7, welcher zur Verarbeitung von Daten von Kindern folgendes aussagt:
„Kinder verdienen bei ihren personenbezogenen Daten besonderen Schutz, da Kinder sich der betreffenden Risiken, Folgen und Garantien und ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind.“
Dieser Satz kann erweitert werden auf viele Menschen, die sich der Risiken und Folgen ihres Handelns ebenfalls nicht bewusst sind. Oder waren Ihnen alle drei Beispiele von oben bekannt?
Wenn die Öffentlichkeitsarbeit8 einer Einrichtung auch darin besteht, dass mit Beiträgen für Angebote geworben wird, führt der Erwägungsgrund weiterhin aus:
„Ein solcher besonderer Schutz sollte insbesondere die Verwendung
personenbezogener Daten von Kindern für Werbezwecke … betreffen.“
Der bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz 9 (BayLfD) führt für Schulen aus:
„Eine gesetzliche Verpflichtung der SuS, sich in der Schule fotografieren zu lassen, besteht nicht… Vielmehr existiert keine Rechtsgrundlage, aus der sich die Befugnis zur fotografischen Aufnahme von Schülerinnen und Schülern … ableiten ließe.
Das Anfertigen und Verwenden von Fotografien stellt einen besonders
schwerwiegenden Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete „Recht am eigenen Bild“ dar, das als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Grundrecht verfassungsrechtlich besonders geschützt ist. Ein Grundrechtseingriff liegt dabei schon dann vor, wenn die Fotos nur für schulinterne Zwecke angefertigt und verwendet werden.“
Auch aus dem Sozialdatenschutz sind Regelungen für Einrichtungen sozialer Arbeit zu beachten. Nach § 78 SGB X ergibt sich ein „verlängerter“ Sozialdatenschutz, der auch Einrichtungen, die nicht unter den § 35 SGB I fallen zur Wahrung des Sozialgeheimnisses verpflichtet.
§ 61 III SGB VIII normiert ebenfalls, dass bei freien Trägern sicherzustellen ist, dass der Schutz der personenbezogenen Daten in entsprechender Weise zu gewährleisten ist.
Ein Leitgedanke des Recht auf Erziehung ist, dass die Jugendhilfe Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen hat. Hierin manifestiert sich ein aktiver Schutzauftrag, der ebenfalls bei Veröffentlichungen von Bildnissen zu berücksichtigen ist, wie auch bei der Auswahl von Dienstleistern, Angeboten, etc.
Das ULD (Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz SH) äußerte sich im Falle von Bildnissen in KiTas wie folgt: 10 11
„Der Hinweis auf das Kindeswohl … macht deutlich, dass … eine besondere „Obhutspflicht“ und eine besondere Pflicht zum sorgsamen Umgang … in den Kindertageseinrichtungen … [besteht].
Insoweit haben [Beschäftigte und Leitung] … die besondere Pflicht zu prüfen, ob durch die Verarbeitung von [pb-Daten], ggf. das Wohl der Kinder beeinträchtigt oder gar gefährdet wird.
Diese besondere Verpflichtung kann dazu führen, dass sich [Leitungen] ggf. auch gegen den erklärten Elternwillen stellen müssen.
Wie oben ausgeführt, ist bei der Verarbeitung [pb-] Daten generell auf die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung abzustellen, [bspw..] den Eltern auf einer Webseite die zum Auffinden eines geeigneten Betreuungsplatzes erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, … Veröffentlichung der Kontaktdaten der KiTa, [ggf.] auch die Namen und der beruflichen Qualifikationen der Leitung und von weiteren Betreuungspersonen…
Die Veröffentlichung von Bildern der betreuten Kinder, auf denen diese eindeutig erkennbar sind, ist jedoch zur Aufgabenerfüllung nicht erforderlich.
Aus diesem Grund ist die Einholung einer Einwilligung für die Veröffentlichung von Bildern der betreuten Kinder, soweit diese erkennbar sind, auf den Webseiten von Kindertagesstätten zweckwidrig und damit unzulässig.
Der gewichtigste Grund, der gegen eine Veröffentlichung spricht, ist jedoch der besondere Betreuungsauftrag, den die Kindertagesstätten wahrnehmen.
In den KiTa werden Kinder vom Kleinkind bis zum Erreichen der Schulpflicht betreut. Diese Kinder bedürfen aufgrund ihres Alters besonderer Obhut. Deshalb hat der Gesetzgeber spezielle Regelungen getroffen, um die geistige und körperliche Unversehrtheit und die Sicherheit dieser besonders betreuungsbedürftigen Kinder sicherzustellen.
Aus Sicht der besonderen Obhutspflicht der Kindertagesstätten muss die Frage gestellt werden, ob in Kenntnis dieser Situation das Verbreiten von Fotos der betreuten Kinder zur Außendarstellung der KiTa tatsächlich mit dem Gedanken des besonderen und deshalb gesetzlich definierten Schutzbedarfs der Kinder in Einklang zu bringen ist.“
Auch wenn die Aussagen des ULD vermutlich etwas älter sind haben sie dennoch nichts an Relevanz verloren. Im Gegenteil. Heutzutage muss ihnen – mit den gängigen Praktiken im Internet – eigentlich eine viel größere Bedeutung beigemessen werden. Denn:
„Im Jahr 2020 erzeugte jeder Mensch im Durchschnitt mind. 1,7 MB an Daten pro Sekunde“ (2023.04.18 – BvD Blitzlicht: Big Data – Best Practice) oder den Inhalt einer Bibel, eines Foto oder einer MP3 13, wenn sie drei Sekunden zum Lesen gebraucht haben. Es darf bezweifelt werden, ob es zur Aufgabenerfüllung von Sozial- oder Bildungseinrichtungen gehört, diese Verdatung zu befeuern.
Bedeutung für die Praxis
Frau Diana Ettig, Gast in der Folge Nr. 81 “Rund um Fotos, Videos und
Datenschutz” des Podcast Auslegungssache vom heise Verlag, verweist u. a. die FAQ des LfDI RLP zu den Rechtlichen Anforderungen beim Fotografieren unter der DSGVO. Auszüge aus der FAQ:
- Der LfDI rät für Kitas sehr sorgfältig zu prüfen, ob eine Veröffentlichung notwendig ist und stellt die Frage, ob nicht mildere Mittel zur Verfügung stehen, bspw. Verwendung von professionellen Models oder Fotos aus Positionen, bei denen eine Erkennbarkeit ausgeschlossen wird. Auch das Verpixeln von Bildnissen ist eine Option.
- Bei Verarbeitungen für Werbung, was unter erhebliche Bedeutung fällt, ist nach einem Urteil des OLG Düsseldorf von beiden Sorgeberechtigten die Einwilligung einzuholen plus ggf. des Minderjährigen bei Einsichtsfähigkeit.
- Die Erteilung einer „Allgemeinen“ Einwilligung durch Sorgeberechtigte, Klienten oder Beschäftigte, stellt indes keinen Freifahrtschein dar, um Bildnisse einfach so zu veröffentlichen. Eine Abwägung ist jedes Mal vorzunehmen und sollte mit den Betroffenen besprochen werden.
- Auch sind Einwilligungen, die auf eine längere Dauer angelegt sind, regelmäßig zu überprüfen und die Betroffenen darüber zu informieren.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht und das Sphärenmodell
Wenn es um Veröffentlichungen von Beiträgen einer Bildungseinrichtung geht, ist das Datenschutzrecht mit seinen Grundsätzen zur Verarbeitung (erstellen und veröffentlichen) maßgeblich. Ergänzt wird der Datenschutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und dem daraus abgeleiteten KunstUrhG (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, kurz KUG).
Sowohl Schulen als auch soziale Einrichtungen mit ihren Diensten bewegen sich, speziell im Klassenraum oder den (Wohn-)gruppen, bis auf Ausnahmen innerhalb eines sehr geschützten Raums, in dem die Öffentlichkeit grundsätzlich nichts verloren hat. Selbst vor Eltern besteht der Schutz dieser Räume, vgl. hierzu Äußerungen zum Fernunterricht und der Anwesenheit der Eltern vor den
Geräten 15.
Bereiche der Kita, Horte, Wohnheime, welche in Teilen „familiären“ Charakter besitzen oder aufsuchende Soziale Arbeit, die im heimischen Bereich der Kinder stattfindet, bewegen sich im privat-häuslichen Bereich, unabhängig des Alters eines Klienten.
Das Sphärenmodell/ -theorie bestimmt nun, an welchen Stellen dieser Schutz zugunsten anderer Rechte und Interessen zurücktreten kann. Eingriffe in die Sozial- und Öffentlichkeitssphäre sind statthafter als Eingriffe in die Privatsphäre, welche nach einer Abwägung (überwiegendes Interesse der Allgemeinheit, Übermaßverbot) immer noch zulässig ist. Eingriffe in die Intimsphäre sind hingegen nicht zulässig.
Wie sensibel mit Eingriffen umgegangen wird, zeigt sich gut am Beispiel der Videoüberwachung an Schulen. Diese ist streng reglementiert, u. a. um die Möglichkeit eines Chilling effects (Selbstzensur, vorauseilender Gehorsam), der Einfluss auf die ungestörte Persönlichkeitsentwicklung hat, die allein aufgrund der Tatsache, dass eine Kamera montiert ist, zu vermeiden.
Die von Einrichtungen abgefragten Einwilligungen zur Verarbeitung von
Bildnissen, decken oftmals dem Wortlaut nach, den weniger strengen Bereich der Sozial- / Öffentlichkeitssphäre ab. Auszug aus einer Einwilligung mit Beschreibung der konkreten Zwecke:
„In geeigneten Fällen wollen wir Informationen über Ereignisse aus unserem Einrichtungsleben … einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir beabsichtigen daher, insbesondere im Rahmen der pädagogischen Arbeit oder von Veranstaltungen entstehende Texte und Fotos zu veröffentlichen. Neben (Klassen-) Fotos kommen hier etwa personenbezogene Informationen über (Schul-) Ausflüge / Fahrten, Schüleraustausche, (Sport-)Wettbewerbe, (Unterrichts-)Projekte oder Feste in Betracht.“
Wenn nun für Werbemaßnahmen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte
stattfinden, ist somit auch zu differenzieren, welche Sphäre betroffen und welche Eingriffe unter welchen Bedingungen, wie legitimiert sind. Sollte ein Eingriff zulässig sein, ist die Eingriffstiefe so gering wie möglich zu gestalten und weitere Rechte sind zu wahren. Bspw. muss eine Teilnahme an einer Aktion / Veranstaltung möglich sein, ohne befürchten zu müssen permanent fotografiert zu werden, egal ob durch Beschäftigte oder Klienten.
Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass sich die Fotograf:innen im Vorfeld überlegen müssen, wie solche Veranstaltungen so zu organisieren sind, dass daran auch Personen teilnehmen können, die nicht fotografiert werden wollen und hierbei kein unbewusster Druck entsteht, sich doch fotografieren lassen zu müssen.
Digitale Mündigkeit und Bildung
Sind die Fragen zum Datenschutz und dem Persönlichkeitsrecht geklärt, sind weiterhin die Ziele und Anforderungen des Bildungs- und Erziehungsauftrag zu wahren.
Welche Auswirkungen hat es auf einen Heranwachsenden, wenn dieser in eine Welt hinwächst, in der es zur Selbstverständlichkeit gehört und es als normal empfunden wird, dass dessen Leben und Wirken permanent mit Bild und ggf. Ton festgehalten und weltweit veröffentlicht wird. Welchen Stellenwert hat ein Ereignis noch, wenn es nur aufgrund von Fotografien und Veröffentlichungen als etwas Besonderes betrachtet wird?
Wenn Privates öffentlich und die Öffentlichkeit ins Private geholt wird, was bedeutet dies für unser Leben? Gibt es zukünftig noch ein privates, anonymes Leben? Ist eine Persönlichkeitsentwicklung ohne Geheimnisse möglich? Und welche Konsequenzen hätte dies in Bezug auf eine mündige Haltung der Menschen gegenüber Staat und Unternehmen und auf die stetig steigende Verdatung durch Verfolgung (Tracking) und Auswertung unseres Lebens?
Selbst von Menschen, die noch eine private, „analoge“ Welt kennen und diese eigentlich schützenswert finden, wird inzwischen wiederholt, dass
Veröffentlichungen auf weltweiten Plattformen ein „muss“ ist und alternativlos sei. Hier wird deutlich, wie perfide viele von uns durch die Plattformbetreiber über die Jahre manipuliert wurden. Gleichwohl wird von selbigen und deren Anhänger es so dargestellt, dass die Nutzung ihrer Dienste freiwillig sei und keiner gezwungen wäre, diese zu nutzen. Jaron Lanier 16 hat es schon 2013 deutlich auf sein Buch „Wem gehört die Zukunft?“ geschrieben: „Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt.“
„Aber es macht den Heranwachsenden ja nichts aus, … sie wollen das ja selbst…“ wird oft geäußert. Hier kann nur mit folgender Frage dagegengehalten werden, wie Heranwachsende digital gebildet, medienkompetent und digital mündig sein, bzw. werden sollen, wenn schon die letzten Generationen das nicht sind? Woher sollten sie es lernen? Viele in den Generationen, welche die Anfänge und den Aufstieg von Social Media miterlebt haben, wurden gar nicht, bis wenig digital
gebildet, wodurch keine Medienkompetenz oder digitale Mündigkeit entstehen konnte. Anders können Aussagen, dass die weltweite Veröffentlichung von internen Aktionen und betroffenen Personen sein muss, um in der Welt bestehen zu können und die damit verbundene Abwägung, dass das Interesse der Einrichtung an einer Werbemaßnahme über den Interessen betroffener Personen steht, nicht verstanden werden. Das als Gimmick Menschen in einer Welt aufwachsen, in der es normal ist, sein privates Leben öffentlich auf
Plattformen zur Schau zu stellen, erfreut die datengetriebenen Unternehmen und überwachungsfreundliche Staaten.
Im Übrigen sei hier noch erwähnt, dass die Kinder von den Lenkern der großen Tech-Firmen vor den eigenen Diensten und Heilsversprechen geschützt werden und i.d.R. auf Waldorfschulen geschickt werden17.
Fazit
Nach den Erläuterungen zu den Gefahren im Internet (siehe auch unter Punkt „Weiterführende Informationen“), den Aspekten aus Datenschutz und des Persönlichkeitsrechts und dem Auftrag zur digitalen Bildung und Mündigkeit, ist in Bezug auf die Veröffentlichung von Bildnissen folgendes festzuhalten.
Für eine Werbemaßnahme müssen keine authentischen, privaten Situationen mit Personen verwendet werden. Speziell, wenn die Veröffentlichung weltweit geschehen soll. Außerhalb der Bubble der Bildungseinrichtung, interessiert die Erkennbarkeit betroffener Personen auf den Fotos i.d.R. Niemanden und falls doch, dann aus vermutlich nicht edlen Motiven.
Da die Wiedererkennbarkeit der betroffenen Personen kein Kriterium für die Werbemaßnahme ist, ist deren Achtung und Schutz unabhängig der obigen Erläuterungen zu verwirklichen. Hinzu kommt, dass Werbemaßnahmen zur Erreichung der Ziele unserer Klienten nicht erforderlich und nötig sind.
Nur weil es die datengetriebenen Plattformen geschafft haben unseren Alltag zu durchdringen, uns die Mähr der vermeintlichen Notwendigkeit einer allgegenwärtigen digitalen Präsenz zu verkaufen, wovon inzwischen ganze Wirtschaftszweige leben und auf die Dienste und Daten der Plattformen angewiesen sind, kann dies für die pädagogische Arbeit nicht bedeuten, sich diesen vermeintlichen Zwängen unreflektiert zu beugen und das Recht eines jeden auf Privatheit, Datenschutz und Mündigkeit auf dem Altar der Werbung und öffentlicher Darbietung zu opfern.
Sollte es diesen Druck, Zwang geben, sich permanent digital Präsentieren zu müssen, dann muss die Antwort einer Bildungseinrichtung darin bestehen, Beschäftigte, Klienten und Familien für dieses Thema zu sensibilisieren und darin zu befähigen, sich in dieser Welt auch ohne diese Zwänge zu behaupten.
Entsprechend ist im Sinne einer Erziehung zur Medienkompetenz und digitaler Mündigkeit kritisch zu reflektieren, welche Ereignisse und Aktionen überhaupt mit Beiträgen zu versehen sind.
Hierbei sind Beiträge von Veranstaltungen mit Öffentlichkeit weniger
problematisch als Beiträge, welche sich in Richtung der Sozial- und Privatsphäre bewegen.
Hierfür haben Einrichtungen Regeln zu definieren, welche das Persönlichkeitsrecht achtet, für ein Umfeld sorgt, indem eine Persönlichkeitsentwicklung ohne Druck und Zwang möglich ist und hat die Umsetzung dieser Regeln zu Sorgen. Es sind weiterhin die Rechte und Grundfreiheiten betroffener Personen zu bewahren,
insbesondere die Achtung des Privat- und Familienlebens und der Schutz personenbezogener Daten.
Wie anfangs erwähnt, geht es nicht darum, Beschäftigten, Klienten oder
Sorgeberichtigten „schöne“ Momente auf Bildnissen vorzuenthalten. Hierfür ist jedoch die Veröffentlichung im Internet der falsche Weg und andere Möglichkeiten sind vorzuziehen.